Wire – der sichere Messenger

Der Markt für Messenger-Apps ist vielfältig und umkämpft. Bisher viel zu wenig bekannt ist der Schweizer Anbieter Wire. Der Messenger ist vollständig Ende-zu-Ende-verschlüsselt, open source und bietet Sprach- und Video-Anrufe. Spannend auch: Der Hauptinvestor hinter der App ist Janus Friis. Der Däne hatte schon mal einen ganz ähnlichen Dienst gegründet: Skype.

Wire auf allen Geräten
Die Wire App läuft auf Smartphones, Tablets, Desktops und im Browser.

Auf den ersten Blick hat Wire ein Problem: Man findet in dem Messenger kaum Freunde. Der Anbieter ist zu unbekannt, kam vielleicht zu spät auf dem Markt. Als der ebenfalls in der Schweiz ansässige Konkurrent Threema Mitte 2013 bis Anfang 2014 dank NSA-Enthülungen nicht mehr aus den Top-10 im deutschsprachigen App-Store wegzudenken war, gab es Wire noch nicht. Die Zuger gingen erst Ende 2014 an den Start. Dann aber mit einer klaren Ansage: Alles, was über die App geht ist end-zu-end-verschlüsselt – Nachrichten, Dateien, Anrufe, Video-Calls.

Wire ist Open Source

“Am Anfang haben wir Open Source nicht im Sinn gehabt”, gesteht Siim Teller, Leiter Marketing und Kommunikation von Wire. Als aber immer mehr Nutzer danach fragten, hätten die Entwickler den Quellcode aufgeräumt und nach und nach auf Github gestellt. Mittlerweile seien alle Wire-Apps (iOS/Android, Web, Mac/Windows/Linux) und die Server-Applikation unter GNU General Public License v3.0 veröffentlicht. “Der Code kann damit eingesehen und genutzt werden”, sagt der Kommunikationschef. Allerdings sei es recht aufwändig, seinen eigenen Wire-Server zu installieren. Das soll aber irgendwann einfacher werden, verspricht Teller. Denn Wire denkt bereits über Dezentralisierung nach.

Eigentlich ist Wire genau der Messenger, den sich sicherheitsbewusste Community-Mitglieder immer gewünscht haben: Er ist Open Source, e2e-verschlüsselt, die Server stehen in der EU, eine Telefonnummer muss (bei Anmeldung über das Web-Interface) nicht preisgegeben werden und natürlich ist auch der Upload des eigenen Telefonbuchs freiwillig. Damit ist Wire selbst dem ge-hypten Signal Messenger überlegen, dessen Server in den USA stehen, der eine Telefonnummer bei der Anmeldung und später Zugriff auf die Kontakte verlangt. Wire arbeitet dagegen mit individuellen Nutzernamen (ich bin zum Beispiel unter @hauptstadtkind zu finden).

Pro-Kunden als Zielgruppe

Die Sicherheit fordert aber ihren Tribut in Form geringer Nutzerzahlen. Gerade einmal eine halbe Million Menschen nutzen die kostenlosen Wire-Version regelmäßig. Wer per Wire mit Freunden chatten möchte, muss diese also erst einmal von der App überzeugen. Deutlich anders sieht es aber im professionellen Bereich aus. Wire bietet Bezahl-Versionen an, die attraktiv für Unternehmen sind. “Wir haben bereits 350 Unternehmen, kleine wie große, die für Wire bezahlen”, verrät Teller. Und genau darauf baut der Anbieter sein Geschäftsmodell auf: “Die Pro-Kunden stehen bei Wire im Fokus”, sagt Teller, allerdings würden dadurch auch die Nutzer der kostenlosen Version profitieren, z.B. wenn neue Features eingeführt werden.

In der Pro-Version (4 Euro/Monat/User) gibt es dann Administrationsmöglichkeiten für Teams, Video-Konferenzen mit mehreren Teilnehmern und die Möglichkeit Gäste (Kunden) zu Gruppen-Chats hinzuzufügen. In Unternehmen ist es natürlich wesentlich einfacher, eine spezielle Messenger-App für alle verpflichtend einzuführen. Und dann kann Wire auch seine Stärke in Sachen Sicherheit voll ausspielen. Denn dank Open Source kann Wire auch auf dem Server des Kunden installiert werden, wenn der das will und sich den aufwändigen Prozess leisten kann. Ein Alleinstellungsmerkmal der Schweizer.

Desktop-App für Linux

Etwas hinterher ist Wire bei kleineren Funktionen, die in anderen Messengern längst Standard sind. So wird in dieser Woche das “Mention”-Feature (@username) ausgerollt, mit dem man vor allem in Gruppen-Chats einzelne Teilnehmer gezielt ansprechen kann (in der Desktop- und der Android-App ist es bereits live). Eine Einladung zu einer Gruppe per Link ist nur in der Pro-Version möglich und es können keine individuellen Gruppenbilder festgelegt werden. Hier ist Wire im Vergleich zu den Platzhirschen noch etwas steif. Auch ein Kanal, über den einseitige Informationen verteilt werden (Announcement-Feed) ist erst im Beta-Stadium. Das kann aber damit erklärt werden, dass der Fokus bei Wire zunächst auf der Sicherheit lag.

Wire gibt es neben den mobilen Versionen für Android und iOS auch als Browser-Applikation. Auf dem Desktop kann Wire unter Linux, Windows und MacOS genutzt werden. Neu ist das Wire Snap, durch das die App so ziemlich auf jedem Linux-System laufen sollte. Zusätzlich stellt Wire ein AppImage zur Verfügung. Debian und Solus hat die App im Repository. Für Ubuntu gibt es ein .deb zur Installation. Wer von weiteren Distributionen weiß, die Wire anbieten: Vermerkt es bitte in den Kommentaren.

Das Gespräch mit Siim Teller wurde natürlich per Wire geführt, zwischen Berlin und Zürich. Die Sprachqualität war sehr gut.

Journalist und Politologe. War zur falschen Zeit am falschen Ort und ist deshalb Podcaster geworden. Nutzt seit Ende der 90er-Jahre Linux, ist aktives Mitglied der Open Source Business Alliance sowie von CH Open und hält freie Software für die europäische Antwort auf das Silicon Valley.

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